Pflegebedürfdigkeit
Grundsätzlich kann Pflegebedürftigkeit im Sinne des Gesetzes in allen Lebensabschnitten auftreten. Um Leistungen von der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen zu können, muss ein Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden. Sobald der Antrag gestellt wurde, beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst (MD) oder andere unabhängige Gutachterinnen bzw. Gutachter mit der Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit.
Im Auftrag der Pflegekassen überprüfen der MD oder andere unabhängige Gutachter, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Grad der Pflegebedürftigkeit vorliegt. Bei knappschaftlich Versicherten erstellt das Gutachten der Sozialmedizinische Dienst (SMD). Bei Privatversicherten erfolgt die Begutachtung durch "MEDICPROOF". Die angemeldete Begutachtung erfolgt in der Regel im Wohnbereich des Antragstellers durch eine Gutachterin bzw. einen Gutachter (Pflegefachkraft oder Ärztin bzw. Arzt).
Im Rahmen der Begutachtung hat der MD durch eine Untersuchung des Versicherten die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten in sechs Bereichen (Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen, Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte) sowie die voraussichtliche Dauer der Pflegebedürftigkeit zu ermitteln.
Die gesetzlich vorgegebene Bearbeitungsfrist für Anträge auf Pflegeleistungen beträgt 25 Arbeitstage. Bei einem Aufenthalt im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung muss die Begutachtung durch den MD oder andere unabhängige Gutachterinnen bzw. Gutachter innerhalb einer Woche erfolgen, wenn dies zur Sicherstellung der weiteren Versorgung erforderlich ist oder die Inanspruchnahme einer Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder Familienpflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin angekündigt oder mit diesem bzw. dieser vereinbart wurde. Die verkürzte Begutachtungsfrist gilt auch bei einem Aufenthalt in einem Hospiz oder bei ambulant palliativer Versorgung.
Befindet sich der Antragsteller bzw. die Antragstellerin in häuslicher Umgebung, ohne palliativ versorgt zu werden, und wurde die Inanspruchnahme einer Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder nach dem Familienpflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin angekündigt oder mit diesem bzw. dieser vereinbart, gilt eine Bearbeitungsfrist von zwei Wochen.
Die Pflegekasse ist zudem verpflichtet, dem Antragsteller mindestens drei unabhängige Gutachterinnen bzw. Gutachter zur Auswahl zu benennen, wenn innerhalb von 20 Arbeitstagen ab Antragstellung keine Begutachtung erfolgt ist.
Erteilt die Pflegekasse den schriftlichen Bescheid über den Antrag nicht innerhalb von 25 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags oder werden die verkürzten Begutachtungsfristen nicht eingehalten, hat die Pflegekasse nach Fristablauf für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung unverzüglich 70 Euro an den Antragsteller zu zahlen. Dies gilt nicht, wenn die Pflegekasse die Verzögerung nicht zu vertreten hat oder wenn sich die antragstellende Person in stationärer Pflege befindet und bereits erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten (Pflegegrad 2) vorlagen.
Das Gutachten wird dem Antragsteller durch die Pflegekasse übersandt, sofern er der Übersendung nicht widerspricht. Es ist auch möglich, die Übermittlung des Gutachtens zu einem späteren Zeitpunkt zu verlangen.